Wer eine Immobilie verkaufen möchte, verhält sich oft wie Singles beim ersten Kennenlernen: Was man an den Mann oder die Frau bringen will, wird im bestmöglichen Licht präsentiert, kleine oder größere Macken lässt man lieber unter den Tisch fallen. Das Problem in beiden Fällen: Kommen Fehler nachträglich ans Licht, ist der Ärger oft umso größer.
„Grundsätzlich sollte man beim Verkauf einer Immobilie so ehrlich wie möglich sein und Interessenten auf mögliche Mängel hinweisen, da man sich andernfalls der arglistigen Täuschung schuldig macht und dem Käufer zu Schadenersatz verpflichtet ist“, bringt es Stefan Bernhardt, Rechtsexperte der Bausparkasse Schwäbisch Hall, auf den Punkt. Allerdings, so Bernhardt unter Hinweis auf eine jüngste Entscheidung des OLG Düsseldorf (Az. I-24 U 36/16), könne es auch Umstände geben, unter denen man dem Verkäufer keinen Strick daraus drehen kann, wenn er über einen Altschaden nicht aufgeklärt hat. Im vorliegenden Fall hatte der Verkäufer eines Hauses gegenüber dem späteren Käufer mündlich erklärt, das Gebäude befinde sich in einem sehr guten Zustand, ihm seien keinerlei Feuchtigkeitserscheinungen bekannt. Im notariellen Kaufvertrag versicherte er, er kenne und verschweige keine verdeckten Mängel. Gleichzeitig wurde Gewährleistungsausschluss vereinbart.
Tatsächlich traten jedoch nach Vertragsabschluss im Souterrain des Hauses Probleme mit Feuchtigkeit auf. Nachdem der Käufer auf Schadenersatz geklagt hatte, räumte der ehemalige Eigentümer bei einem Begehungstermin mit einer Bausachverständigen auch ein, dass es in diesem Bereich einmal einen Versicherungsschaden gegeben habe. Dieser sei jedoch von einem Fachbetrieb behoben worden und Probleme danach nicht mehr aufgetreten.
Laie kann Sanierungserfolg nicht beurteilen
Das OLG vertrat die Ansicht, eine Pflicht zur Offenbarung des Altschadens habe nicht bestanden. Auf in der Vergangenheit aufgetretene Schäden müsse der Verkäufer nur dann hinweisen, wenn er damit rechnen musste, dass die Schadensursache nicht sachgemäß und nachhaltig behoben wurde. Hatte er – wie im vorliegenden Fall – ein Fachunternehmen mit der umfassenden Mängelbeseitigung beauftragt, müsse er sich nicht selbst vom Erfolg der Sanierungsmaßnahmen überzeugen. Auch ohne Erfolgskontrolle nehme er ein späteres Wiederauftreten der Mängel nicht billigend in Kauf.
Da der Verkauf einer Immobilie in den meisten Fällen ein Geschäft unter Laien sei, so Bernhardts Fazit, bewege man sich hier meist auf einem schmalen Grat. Vielleicht sollte man sich ja an Erfahrungen beim Flirten erinnern: „Wer selbstbewusst mit offenen Karten spielt, muss sich seine Erfolgschancen ja keineswegs verbauen. Möglicherweise hätte der Käufer das Objekt seiner Begierde genauso attraktiv gefunden, wenn er von dem Altschaden gewusst hätte. Zur Vermeidung späteren Ärgers sollte man sich am besten an den alten Grundsatz erinnern: Ehrlich währt am längsten.“
(Foto: Bausparkasse Schwäbisch Hall)